Breton 1961 in seinem Atelier, Foto: A. Schwarz UNVERKÄUFLICH! Simone Breton in der rue Fontaine



ir, die Unterzeichner, unterstützen jegliche Opposition gegen die für das Jahr 2003 angesetzte Versteigerung der Sammlung André Bretons durch »CalmelsCohen« und das Auktionshaus Hôtel Drouot-Richelieu in Paris. Wir finden die bloße Vorstellung dieses Ereignisses widerwärtig und konträr dem Ansehen eines der besten Kapitel der Geschichte des 20. Jahrhunderts.

Als Ganzes unterscheidet sich die Sammlung von Manuskripten, Büchern, Objekten, Skulpturen, Bildern, Grafiken in Bretons Studio in der Pariser Rue Fontaine 42 ohnehin gravierend von anderen »großen Kollektionen«;
als Ganzes repräsentiert sie eine alle Kulturen übergreifende Idee, die in dieser Form nie zuvor in Europa oder anderswo zu sehen war;
als Ganzes, und nur als Ganzes verleiht sie einem erstaunlichen Ort Gestalt von höherer historischer Bedeutung als den meisten anderen in Paris. Jeder, der sich einmal innerhalb dieser experimentellen Räume des Sehens aufhalten durfte, weiß deren Wert zu schätzen, der weit über die Gesamtsumme seiner Einzelteile hinaus geht. So und nicht anders muß diese Sammlung bewahrt werden.

Wir in den Vereinigten Staaten (wie auch wir in Europa*, d. Übers.) können uns nicht vorstellen, daß in Frankreich keinerlei Interesse daran bestehen soll, dieser großartigen und wichtigen internationalen Sammlung einen festen Platz zur Verfügung zu stellen. Jedenfalls unterstützen wir auf jede Art und Weise mögliche Bemühungen zur Errichtung eines solchen Ortes.

Das Gustave-Moreau-Haus, Freuds Berggasse 19, der Adolph-Wölfli-Raum, der Watts-Tower in Los Angeles..., einzigartige Plätze am Rande der Vegessenheit.
Im Geist dieser großen Orte sagen wir: Unverkäuflich!


Thom Burns

J. Karl Bogartte

Laurance Weisberg, Los Angeles CA

Raman Rao

Paul Weisz-Carrington

Andrew Lass, Prof. of Anthropology, Mount Holyoke College, South Hadley, MA

Jeanne Brooks Matthews (Widow of J.H. Matthews- Syracuse University)

Jack J. Spector, Prof. of Art History, Rutgers University, New Brunswick, N.J.

Willie Gregory

M.E. Warlick, University of Denver

Allan Graubard

Robert Sharrard (USA)

Nanos Valaoritis (USA)

Marie Wilson (USA)

Nancy J. Peters (USA)

Philip Lamantia, C/O City Lights Books (USA)

Lawrence Ferlinghetti, C/O City Lights Books (USA)

Rik Lina (NL)

Bastiaan van der Velden (NL)

Alastair Brotchie (UK)

Corona Smith (UK)

Douglas Campbell, Scotland

Daniel C. Boyer

Susan Sontag

Damon Krukowski & Naomi Yang, Exact Change (USA)

Chris Allen, Atlas Press (UK)

Freddy Flores Knistoff (Chile)

Christopher Pilling (UK)

John Ashbery (USA)

Ranulph Glanville

Jan Bervoets, Den Haag (NL)

Zazie (Wien)

Pierre Petiot (France)

Twokmi Kimali (Berlin/Germany)

Peter Schneider-Rabel, Forum of poetic cultures (Cologne/Germany)

Heribert Becker (Cologne/Germany)

Taibo Bati (Cologne – Budapest)

Jeannine Bruno (Cologne)

Frieder Schellhase (Berlin)

Gisela Wrede (Berlin)

Zuca Saldanha (Hamburg/Germany)

Dr. Andreas Neufert, Wolgang-Paalen-Archiv (Berlin)

Wolfgang Lettl (Museum für surreale Kunst, Augsburg/Germany)

Florian Lettl (Museum für surreale Kunst, Augsburg)

Monika Bugs (Stuttgart/Germany)

Drago Do�en (New Zealand)

Hanna Mittelstädt, Ed. Nautilus (Hamburg/Germany)

Edition Nautilus (Hamburg)

Egon Günther (Germany)

Catalina Chervin (Buenos Aires)

Milan Nápravník (Köln – Prag)

Sérgio Alcides (Brazil)

Jay Woolrich, Upland Trout (Leeds/United Kingdom)

Christian de Groote (Chile)

Camila del Fierro (Chile)

Jorge Kleiman-Cosarinsky, Surrealist painter and Architect (Madrid/Spain)

James Sebor (NY/USA)

Natalia Fernández, Fundación Granell (Spain)

Bernd Straub-Molitor (Cologne)

Antonio Cho (Swiss)

Sepp Wejwar, Kubus (Austria)

Antonia-Maria Ketscher (Hof/Germany)

Lutz R. Ketscher, Gallerist (Schwarzenbach/Germany)

Arno Signarowski (Essen/Germany)

Stefan Schmidl (Austria)

Dr. Heinz Lunzer, Documentationcenter for Austrian Litterature (Wien/Austria)

Rainer Huebsch, Internationale Hofer Filmtage (Hof/Germany)

Julian Hill (UK)



Der vorangehende Text ist der Entwurf eines Protestschreibens gegen den bevorstehenden Verkauf der Gegenstände aus André Bretons Studio in der Rue Fontaine 42, beginnend am 1. April 2003. Sie sind bereits an Bemühungen zu dessen Verhinderung beteiligt, um so besser. Falls nicht, schließen Sie sich uns an. Ergänzen oder kürzen Sie diesen Entwurf, aber tun Sie es schnell. Nutzen Sie jede Möglichkeit um Unterstützung, einschließlich der etablierter Quellen und nehmen Sie Kontakt zu uns auf.
Der endgültige Text mit den Unterschriften wird an das ehemalige Mitglied der Pariser Surrealisten, M. Guy Flandre nach Paris geschickt. Er wird sich mit vergleichbaren Anstrengungen in London und den Niederlanden zusammenschließen.

Diese Mitteilung erhielten Sie von J. Karl Bogartte. Er hat sich bereit erklärt, die Aktivitäten zu administrieren. Senden Sie Ihre unterzeichneten Kopien folglich an ihn (bogartte@execpc.com) und nicht an Thom Burns.
Ich bedanke mich

Thom Burns

[Übers.: P. Schneider-Rabel – psrabel.com]
Stand: 10. Febr. 2003



* Um das Schweigen bzw. die oppositionelle Haltung gegen die durch die US-Surrealisten initiierte Aktion der sog. französischen Surrealisten abschließend bewerten zu können, fehlen mir möglicherweise wichtige Hintergrundinformationen. Das mag so sein. Und von daher darf man es ruhig blauäugig nennen, wenn ich mich ohne jeden Vorbehalt einer solchen Aktion anschließe, sie unterstütze mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln.
Aber nach den wenigen Informationen, die mir derzeit zur Verfügung stehen, scheint man in Paris [& anderenorts, wie sich zunehmend zeigt] die surrealistische durch eine geradezu fotorealistische Sichtweise der Dinge eingetauscht zu haben, findet Revolte – wenn überhaupt & in welcher Form auch immer – nur noch in Filzpantoffeln statt [Home, sweet Home]. Man scheint sich versöhnt & arrangiert zu haben mit den Gegebenheiten, dem Leben, mit Gott & der Welt, man denkt politisch, klerikal: der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen. Und ich meine damit nicht Herrn Breton!
Alt sind Sie geworden, meine Damen & Herren. Alt an Jahren, das läßt sich nicht ändern & ist ohne Bedeutung; aber was schwerer wiegt: auch alt im Geiste! Dies scheint nicht mehr ihr Jahrhundert zu sein. Aber die Ideen werden auch Sie überleben, da bin ich guter Hoffnung. Und die Revolte auch. Das ist es, was zählt.

Peter Schneider-Rabel, Köln im Januar 2003

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