PSR-Um-Gang

Kristóf Szabó zur Kunst Peter Schneider-Rabels



Der bildenden Kunst können wir uns von unzähligen Seiten nähern. Ob sie über sich selbst lachen kann? Sie kann. PSR allerdings lacht mit seinen Bildern über diese Reihe der Annäherungen auf eine Weise, dass er sich richtig auf die Schenkel schlägt, lärmend und große Energien entfesselnd, die er in die Freiheit entlässt und wie ein seltsamer Techniker, sie nicht einbaut, sondern vor der Gefahr, eingebaut zu werden, bewahrt.

Sie konnten es beobachten, oder?

Auf Schritt und Tritt versieht er den Rand mit Messeinheiten, mit dazu gehörenden Messgeräten, er fuchtelt mit ihnen und schwenkt sie, wie ein externes Wissen, das auftreten möchte, wie gar eine Fahne auf der feierlichen Parade. Doch diese Parade marschiert in solch ungeordneten Reihen, dass es keinen Zweifel daran geben kann: das passiert, nachdem das Wort: "oszolj!" = "abtreten!, zersetzteuch!" gesagt worden ist. Das hat aber PSR ausgesprochen, mit großer, großer Kaltblütigkeit. Auf das "oszolj!" trat die Auflösung ein, also das Sterben, der Tod, der Zerfall der Ordnung, bzw. der in die Ordnung gesetzter Illusion; die Verwesung der Systematisierbarkeit, der Systemzitierbarkeit. Wir können davon Zeuge sein, mit etwas langen Gesichtern, denn diese Auflösung ist mit Energiegewinn verbunden, mit maßloser Ausweitung, mit Riss, mit der Erhitzung von Gasen zu Antriebskraft, mit der zufälligerweise schon nicht mehr messbaren, die Sonnenprotuberanz weit überstrahlenden Fragmentisierung - hin zum Einen: Der Feier.

Wir können aber auch Zeugen dessen sein, wie der schwarze Humorist lächelt, er, der sich darüber im Klaren ist, dass man Dekonstruktionen solcher Art nicht gern hat; er baut nicht ein System ab, die Methode dabei systematisierend, sondern entlässt alle eingeschlossenen Tiere im Garten ins Freie.

Deshalb wollte man die vorwärts treibende, expandierende Ausgedehntheit dieser plötzlich einsetzenden Dekonstruktion, denn darum handelt es sich, messen, und wie gut es ist, darüber zu lachen, man wollte sie ableiten, wollte sie sogar ausrechnen, und die Dekonstruktion erweist sich mit lebensbedrohtem Arsch erst recht als kreative Kraft: Es handelt sich um einen physischen Prozess, das Sonnensystem weitet sich aus.

Nur ist diese Ausweitung unermesslich, da schon das Ganze hinter ihr aufweltet, was die Integration der Auflösung im Visier hat, bzw. der Ruf zu ihrer Evokation ist.

Das Sterben, der Verfall als endlose Kraftquelle ist kein Gegenteil vom Leben.

Dass man das Sterben, seinen großen Widersacher zähmen wollte, vorhatte, dem in Zahlen Ausdruck zu verleihen, dass er doch messbar sei, darüber lachen wir mit PSR, während wir die Geräte des angeblichen Lebens zum Herummessen sehen, die da meinen, das Sterben könne verständlich durchweg verfolgt werden, es sei innerhalb des Rahmens der Beweisbarkeit.

Nein, es gibt keine Beweisbarkeit. Die Metermaße in den Bildern weisen mit ihrem Augenzwinkern daraufhin, als sie sich schnarrend selbst vorstellen (wo sie denn erscheinen).

Schauen wir nun: Dort, wo der Tod, dieser Prozess, zur Ordnung gekommen ist, bekommen wir ein einheitliches Standbild, wo natürlich alles in Bewegung ist. Doch da man uns dazu konditioniert hat, in den messbaren, aber mit zur Blackbox des sozialen Umfeldes gehörenden, besorgniserregend zugekachelten stofflichen Medien, dass wir das Verhältnis zwischen Zahlreich und Ein-Sein nicht bei Bewusstheit vom Ganzen erblickten, sehen wir nur, das Bild, die Darstellung, ist dicht und interessant. Wir könnten das Verhältnis auf unsere gebildete Art verstehen können. Aber umsonst. Die Bilder stellen keinen sich selbst einen Kern erschaffenden Anspruch auf die eigene Deutbarkeit, vielmehr, sie lachen lauthals darüber.

So meinen wir, auf der Suche nach zuzuordnenden ästhetischen Konzeptionen, es mit einer Sorte Sürrealismus zu tun zu haben. Nur hat das, was die Wirksamkeit der Bilder angeht, gar keine Bedeutung. Es nimmt lediglich die Möglichkeit, etwas zu erblicken, was in dieser gesellschaftlichen Vorrechnung Tabu ist. Im Ganzen sich aufzuhalten ist tabu, nichts anderes ist das fiebrig körperliche Aus- und Erleben der Metaphysik, des Festes zu Ganzen: Ein Tabu.

Tragisch: das Blut tötet den Täter - es tötet, es bringt die, durch Hörensagen und Mittel der Erziehung innervierte Vorstellung (Bild) zur Strecke, dass der Körper nichts zu tun habe mit der Festivität: Sprich, mit der verlebenden, durch Taten manifestierenden, fließenden Metaphysik. Gegen eine solche Konzeption wird in einer Art konzeptionellen Schauprozesses von jedem Zirkel, Lineal, Zentimeter, Farbskala, Tonskala ein Angriff geführt, das Erlebnis vom Dreh der wunderquellenden Metaphysik (s. die Zeichnungen) hält sich erst verborgen und quellt dann über - rinnt auf uns zu.

Nur der seine Bewusstheit missversteht, freut sich nicht über diese Vereinigung. Er glaubt, was er verliert, sei seine Lebensgrundlage. Jedoch ist es das nicht. Er glaubt, wenn er die Möglichkeiten der Deutbarkeit der Welt verliert (z.B. die Maße), verliert er die Welt selbst. Auch das kann man nicht stehen lassen. Die Welt wird selbstverständlich anders sein, tritt das ein, da sie nicht außen sein wird, nicht einmal innen, sondern sie hört auf, in solchen Eigenschaften zu existieren und wird so, mit bloßem Auge betrachtet, als Ganzes das sein, was sie ist, das Unsagbare, was aber ohne Zeit, permanent sich ereignet. Insofern ist sie darstellbar.

Die Uhr, die lacht, auflacht angesichts ihrer eigenen Reproduzierbarkeit. Diese Zeit ist Illusion, bzw. als Gegensatz dazu, sie tickt ohne Zeit. Die Uhr geht, hat aber nichts zu messen. Das ist die tiefe und paradoxe Grundlage der Dinge, die sich ereignen können. Der Mechanismus hat nichts zu tun mit der Geschichte, die sowieso nur als der Stock des kollektiven Gedächtnisses am Tischende als der Schafsrichter des Gastgeber-Stammes eine Rolle spielt. Wir glauben ihm nicht, erinnern wir uns selbst an das XX. Jahrhundert. Denn er ist ein Illusionist, der täuscht. Er macht uns glauben, mit dem Licht und der Dunkelheit der metaphysischen Elementarität unseres Seins nicht genug, unsere Zeitalter sollten wir in unserer Manteltasche mit uns schleppen: Schuldigkeit im Atheismus also. Aber nein. PSR schleppt nichts.

Er ereignet sich, er, der Zahlreiche, die Existenz, und das ist genug an Zeitalter, an jener unermesslichen Ein-Heit. Was das ist, was da ist: Einganzes.

Da soll der Name der Zeit (Ein-Sein) dabei sein



© Taibo Bati 2002/2018




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