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Cap Corse, Peter Schneider-Rabel 2000




ERVIN LÁZÁR
Alle aus dem Ungarischen von Kristóf Szabó




Meine sieben Geliebten

Derzeit habe ich sieben Geliebte.
        Die erste hat knochige Schultern, ist etwas pferdeköpfig und zanklustig. Was ich auch tue, es ist ihr nicht gut genug, sie stört mich bei der Arbeit, und droht mir immer wieder, dass ich es schon sehen werde: aus mir werde nichts.
        Die zweite ist ganz klein, mollig, will viele Kinder, und wenn sie es nur vermag, lächelt sie. Sie singt sehr schön - und sie liebt es, zu singen und kann es auch.
        Flatternd, mager ist die dritte. Aber voller Zauber. Sie möchte ein schönes Leben mit mir führen. Hat noch nie gelogen. Mich ermutigt sie auch, nie zu lügen. Und sie sagt, so sei es keine Kunst, nicht zu lügen, wenn man nichts sagt.
        Die vierte ist eine wahre Schönheit. Oder besser, sie ist eine Granate. Sie geht mit lockeren Hüften, wie in Wellen wogend. Sie mag Trinken, Essen, Tanzen. Zerrt mich in Bars, Vergnügungslokale. Auch die Kneipen verachtet sie nicht. Ist aber nie betrunken. Lacht perlengroße Lacher unter den Kohlenmännern. Ist voller Liebe. Die Kohlenmänner lächeln mit ihr.
        Die fünfte ist wortkarg, schwarz, fleißig. Bringt alles um mich in Ordnung, vertraut darauf, ich werde nicht schmutzig sein, wenn sie wiederkommt, meine Haare werden nicht strubbelig sein, und auch meine Schuhe werden wie der Spiegel glänzen. Glaubt unentwegt. Ist traurig, ihre Augenbrauen wachsen zusammen, eine attische Witwe.
        Die sechste ist liederlich. Will nur reisen, herumliegen, herumtanzen. Raus aus dem Kino, rein ins Kino. Aber trotz allem liebt sie auch die Vögel. Wenn die Bäume blühen, sitzt sie stundenlang im Garten herum. Spornt mich an, ich möge mich mit Licht voll atmen. Auf dass ich flöge, die Erde gerade nur mit den Zehenspitzen berührend.
Die siebte trägt immer Schwarz. Ich sah sie nie lächeln. Schaut immer nur nach innen, beschäftigt sich mit meiner Seele. Behütet und lehrt mich. Sie drängt mich, ich möge sie lieben: alle meine sieben Geliebten.
        Aber ich betrüge sie alle sieben.
        Arbeite nicht für die erste, lächle nicht mit der zweiten, belüge die dritte, mit der vierten besaufe ich mich, wenn mich die fünfte antrifft, bin ich immer unordentlich, die sechste vermag mir nicht beizubringen, die Blumen zu lieben, und die siebte beschwört mich vergebens, ich solle sie alle lieben.
        Die Knochigschultrige heißt Montag, die lächelnde Dienstag, die flatternde Mittwoch, die lüsterne Donnerstag, die attische Freitag, die liederliche Samstag. Die nie lächelt, ist der Sonntag.
        Möchten sie einmal mich betrügen: wehe!







Feuer

- Na endlich -, sagte der Adler und ließ Prometheus´ Leber los.
Der Held seufzte auf, diese war seit Jahrtausenden seine erste qualfreie Minute.
Er bewegte seine klamm gewordenen Glieder, seine Ketten rasselten.
- Ist meine Strafe um? - fragte er.
Der Adler zuckte mit den Schultern.
- Ach was! Aber wozu sollt ´ich mich abmüh´n. Es gibt kein Feuer mehr auf der Erde!
Der niedergekettete Mann sprang zornig voran, und obwohl seine Ketten ihn zurückgerissen hatten, schrie er, seine Faust schüttelnd:
- Du lügst, du Hund!
- Kein Hund. Adler. - sagte gleichmütig der robuste Vogel und probierte an seinen
Flügeln herum, ob sie nach der mehrere Jahrtausende währenden Zwangspause noch
funktionierten.
Prometheus´ Zorn wurde nicht gelinder.
- Tu deine Pflicht! - schrie er den Adler an. - Friss von meiner Leber!
- Bin doch nicht übergeschnappt! - ärgerte sich der Adler, - verstehst du nicht, dass
es kein Feuer mehr auf der Erde gibt.
- Willst du behaupten, dass die Götter auch den letzten Menschen vernichtet hätten?
- Teufel noch mal -, winkte der Adler ab -, sie sind zahlreicher denn je.
Prometheus beruhigte sich.
- Ohne Feuer gibt es kein Leben -, sagte er selbstsicher -, los, mach dich an die
Arbeit!
- Versteh´ doch, dass es kein Feuer gibt. Die Menschen kennen kein Feuer mehr. Sie haben es nicht mehr nötig.
- Das ist nicht wahr! - schrie der Held -, ohne Feuer können sie das Essen nicht zubereiten, im Winter erfrieren sie, blind tasten sie sich in der Nacht voran.
- Larifari - sagte der Adler -, sie kochen auf Kochherden, heizen mit der
Zentralheizung und leuchten mit künstlichem Licht.
- Ja, aber woher bekommt die Herdplatte ihre Wärme, was speist die Heizkörper und was gebiert das künstliche Licht? Das Feuer!
- Nicht das Feuer! Das Atom, wenn du es so genau nehmen willst. Sie drücken auf
einen Knopf, und schon ergießt sich das Licht, die Wärme. Es gibt keinen Rauch, es gibt keinen Flammenstich, kein Holzknacken. Es ist viel sauberer, ist viel ungefährlicher!
Prometheus schwieg eine Weile finster, dann leuchtete sein Antlitz auf.
- Und die Kriege? Und die Brandstifter.
- Die Kriege führen sie mit Strahlen - sagte der Adler -, ein schöner, unsichtbarer Strahl,
und ein Haus, eine Stadt, ein Land fällt in Schutt zusammen. Kein Herumballern, kein Qualm, aber steriler Staub. Die Brandstiftung ist eine vergessene, veraltete Methode. Sogar die Feuerwehr gibt es nicht mehr. Nicht einmal mehr die freiwillige. Auch keinen Ball der Feuerwehr. Ball der freiwilligen Strahlenschützer, den gibt´s.
In Prometheus schimmerte noch einmal Hoffnung auf:
- Die Lagerfeuer - sagte er, Feuer der Heimatlosen, der Wanderer, der Ausflügler.
Der Adler winkte ab:
- Gibt's lange nicht mehr. In jedem beliebigen Geschäft kriegst du für einsfünfzig
Kunstlagerfeuer. Das Licht, die Wärme unter Garantie erstklassig. Zweige müssen nicht
gesammelt, das Feuer nicht angepustet, deine Finger nicht verbrannt zu werden...ein
Knopfdruck und fertig. Kommt hinzu, dass es mehrfach verwendet werden kann.
- Ist nicht wahr -, schrie Prometheus. Die Felsen hallten nach "nicht wahr, nicht wahr".
- Ach, was regst du dich auf -, raunzte der Adler -, komm, schau selbst.
Sie schlenderten durch Dörfer in Asien, durch Dschungel in Afrika, durch endlose Großstädte. Die Menschen stierten sie an. Ein Adler und ein nackter Mensch, der mit seinen Ketten rasselt. Hm. In Süd-Amerika erhielten sie vorzügliche Angebote von einem Zirkus. In Australien zahlten sie Strafgeld wegen Verstoßes gegen die guten Sitten, in Europa wegen Ruhestörung. Denn Prometheus´ Ketten rasselten sehr. Und er war sehr nackt. Das Feuer kannten die Menschen nicht. Was? - fragten sie alle, und schüttelten tölpelhaft den Kopf. Feuer, fire, ogony, tüz. Nein, so ein Wort gibt es gar nicht.
- Hehe -, kicherte der Adler, und Prometheus rasselte wild mit seinen Ketten.
In einem an der Meeresküste gelegenen altväterlichen Städtchen fanden sie einen Greis.
- Fragen wir noch diesen Einen -, bat Prometheus den Adler. Der Adler nickte.
- "Feuer" -, wiederholte der Alte das Wort, und verständiges Licht flackerte in seinen
Augen auf. Dort, sagte er, dieses große Haus!
Der Adler konnte mit Prometheus kaum Schritt halten.
Die Fassade des mächtigen, verfallenen Gebäudes wurde von Eisensäulen gehalten. An
der Fassade prangte weiß eine abgewetzte Aufschrift, die Buchstaben angewittert:

FEUERMUSEUM

- Das ist es! - schrie Prometheus - schau da!
- Mal abwarten - sagte der Adler.
Geräuschlos öffneten sich vor ihnen die Photozellentüren. Sie trotteten lange, lieblose Korridore entlang, zwischen den Haufen der Petroleumlampen, der Kerzenenden, der verkommenen Kamine. Sie gelangten in einen großen Raum, der mit Glasschränken gefüllt war. Prometheus rannte beseelt zum ersten, sein Gesicht drückte er gegen die Glasscheibe. "Hirtenfeuer" - dies stand unter der Vitrine geschrieben. Drinnen glotzten ein Stier, seine Hörner waren groß, und ein Mann, der sich in Hut und Stiefeln auf seinen Stock lehnte loderndes Hirtenfeuer an.
- Feuer! - schrie glücklich Prometheus.
- Gemalt - sagte der Adler.
Prometheus starrte auf das Hirtenfeuer, er riss seine Hand vor sein Gesicht. Das Feuer lebte nicht, wie auch der Mensch und der Stier aus Wachs waren. Er rannte zu den Glasschränken, von einem zum anderen. Kesselfeuer, Kaminfeuer, Lagerfeuer, Feuersbrunst, Schmiedefeuer, Lauffeuer...
- Gemalt. Glühbirne, Zinnober, optische Täuschung -, kommentierte alles
sachgemäß der Adler.
Bis sie zum Ende des Raumes gelangt waren, ist Prometheus´ Haar weiß
geworden.
- Dort noch - sagte er dann laut.
In der einen Ecke stand eine kleine Glashaube, mit solch einer decken die Gewürzwarenhändler die Hefe zu. Unter ihr ein Zettel: "Inneres Feuer". Unter der Haube war nichts, der Adler lachte heiser.
Da warf Prometheus seinen Kopf hoch, seine Zähne presste er zusammen, sein
Kinn wurde eisern. Er beschloss, erneut in das Reich der Götter zu gehen und das Feuer zu stehlen.
Vor dem Gebäude, beim Abschied sprach ihn der Adler an:
- Ich weiß, du hast aufs Neue vor, es zu stehlen - er lachte hämisch -, aber sag mir
wenigstens, wozu! Deine Leber ist ja schon wie gemahlener Mohn!
In jener Nacht stahl Prometheus dennoch erneut das Feuer. Mit brennender Fackel rannte er über die Erde, er war wie eine Vision. Die Menschen schauten ihn mit seliger Verwunderung an und schrieen auf: Feuer!







Die Rebublik Masoko

Die Volksversammlung, welche die Staatsgründung vorbereitete, beschloss, für die Zeit des feierlichen Aktes die Staatsgrenzen zu schließen. Er machte also den Schlüssel zum Zimmer des Vermieters ausfindig und schloss die Tür ab. Auch das Fenster machte er zu.
         Er stellte sich neben den Eisenofen, der mit seinem schwarzen Maul Kälte aushauchte - von hier konnte er das Gelände am besten überblicken und rief die Republik Masoko aus. Sehr bescheiden, ohne Saus und Braus rief -,
er sie aus, sogar das Rufen ersetzte er durch ein winziges Weiten der Augen. Aber das änderte nichts an der Tatsache: Die Republik Masoko wurde ausgerufen.
         Er fasste die Staatsgrenzen ins Auge.
         Die Republik Masoko begrenzte im Norden eine mit grün-gelben, raupenartigen Formen bepinselte Wand, mit einem sich häutenden Fleck ätzte sie im linken, oberen Teil Salpeter; gen Osten eine ebensolche Wand, mit einem schmutzigen Fenster mit braunem Rahmen in der Mitte;
nach Süden auch eine Wand, mit Kacheln und Tür; ein guter Teil der westlichen Grenze wurde von der Bettlehne verdeckt - von einem Schrank und Christus auf dem Ölberg. Christus hüllte sich in ein blaues Gewand, blau waren auch die Felsen und die Tannen, auch Christi Sandalen waren blau.
         Im Gegensatz zu anderen Ländern hatte die Republik Masoko auch unten und oben Grenzen - namentlich einen mit einer Flickenmatte bedeckten Parkettboden und eine schmutzige, abblätternde Zimmerdecke. Dies sollte jedoch niemanden zu irrtümlichen Annahmen verleiten; es versteht sich von selbst, dass die Republik Masoko innerhalb der oben erwähnten Grenzen zum Erdmittelpunkt, beziehungsweise in den Himmel reicht.
         Die Volksversammlung wählte nach dem zweiten Punkt der Tagesordnung die Würdenträger. Die volkreiche Gruppe: der Präsident der Republik, der Hauptjongleur, der Oberrichter, der Rauchattaché, der Oberlacher, die Innenminister, der Hauptaufdieschuhspucker, der Minister für Betrübnisangelegenheiten, der Hauptrezitator der Blödeleien, der Schmatzkommissär, der Außenminister, der mit Schlotterangelegenheiten betraute Hauptfrierer und deren sämtliche Vertreter, Untervertreter und Minimalstvertreter - sie alle drängten sich dort an dem Ofen. Auch ich drängte mich dort, jenes Individuum, das gewählt worden war, um sich zu sonnen und vor sich hinzupfeifen.
         Später stellte sich heraus, dass die Republik Masoko vergessen hatte, einen Finanzminister zu ernennen. Die sorgfältige Überprüfung der Staatskasse sanktionierte diese Vergesslichkeit. Der Ministerrat allerdings kooptierte einen Landwirtschaftsminister, da im Fenster der Republik ein Kaktus gedieh.
         Ein Bischof, ein Polizeihauptmann, Steuereinnehmer und Generaldirektoren sind nicht ernannt worden.
         Hiernach besichtigte das Kabinett die Republik Masoko.
         Von der sich in der Mitte erstreckenden Flick-Hochebene hob sich sein Blick und strich über die zweitürigen und vierbeinigen Gebirgsketten, die balearische Hügellandschaft des Bettes,
das gerade mit Ebbe kämpfende Blechlavoirmeer und blieb an der einzigen Naturerscheinung der Republik, an dem an der Nordgrenze leuchtenden Salpeterlicht haften.
         Zufrieden rieb er sich die Hände, auf ein Stück Packpapier schrieb er mit schönen, schattierten Buchstaben:

REPUBLIK MASOKO
ZUTRITT NUR MIT REISEPASS

und schlug es an seiner Tür an. Unter das Salpeternordlicht kritzelte er mit rotem Bleistift:

VERSAGENMUSEUM

Darunter befestigte er eine schmutzige Bahnfahrkarte, eine vollgekritzelte Papierserviette, einen verwelkten Veilchenstrauß, ein halbes Paar Autohandschuhe, eine So-was-wie-eine-Urkunde, einen Soldatenknopf, das Photo eines Mädchens, den Kopf nach unten, zwei Gummipuppen, eine ausgerissene Seite einer Zeitschrift und eine rostige Klinge.
         Auf die andere, freie Seite der Wand schrieb er mit dem selben roten Bleistift:

ERFOLGSAUSSTELLUNG

Unter diese Aufschrift gelangte nur eine ausgerissene Seite aus einem Schreibheft mit der Landkarte der Republik Masoko darauf. Auf der Landkarte vermerkte er in allen Einzelheiten die Berge, Hochebenen, Museen, Salpeterlichter, Ausstellungen und die Vegetation des Landes.
         Er warf sich lang auf die baleare Hügellandschaft, füllte sich mit fruchtbarer Stille. Über den Bergen, Hügeln und Hochebenen der Republik erklang die Hymne von Masoko. Die Hymne war eine Legierung aus blauer Farbe, Stille und den Strahlen des Salpeternordlichts.
         Der erste Grenzverletzer hämmerte mit der Faust nachmittags um fünf an der Tür.
         - Lassen Sie mich sofort herein..., mein Bügeleisen...Sie Idiot! Und was heißt hier Makoso...
         Die Hauptmieterin der Wohnung.
         - Nicht Makoso, Masoko - brüllte er zurück -, und bewahren sie ihr Bügeleisen nicht in der Republik auf.
         Die Dame fluchte röchelnd. Und er alarmierte die masokoer Grenzpolizei.
         - Sie können nur mit einem Reisepass hereinkommen -, schrie er. - Haben Sie einen Reisepass?
         Die Hausfrau rannte weg, wieder hüllte sich die Republik in Stille, aber jetzt ertönte die Hymne von Masoko nicht mehr.
         Vergebens wäre sie auch erklungen, denn nach einigen Minuten kehrten unter donnerndem Getrappel und quiekenden Flüchen die Hauptmieter zurück; die Frau hatte ihre Mannschaft verstärkt: mit zwei martialischen Kriegern von metzgerhaftem Äußeren. Die Tür brachen sie krachend auf, und sie drangen in die Republik Masoko ein.
         Packen Sie! - schrie die Frau, die zwei martialischen Krieger fegten das Versagenmuseum und die Erfolgsausstellung von der Wand.
         Nur seine Bücher passten nicht in seinen Koffer, diese warf das Kriegsvolk, als alles vorüber war, durch die Kellerluke.
         Die Grenzen der Republik Masoko wandelten sich zurück zu schmutzigen Wänden, das Salpeternordlicht erlosch, die Berge zogen ihre Gipfel ein, auch Christus wurde schmierenblau.
         Da stand er, bis zu den Knöcheln in Büchern, der Hauptmieterin und den zwei martialen Kriegern gegenüber.
         - Verscheißern Sie ihre Großtante! - schrieen sie ihn an.
         Und er begann zu lächeln. Es fiel ihm ein, dass die Republik Masoko deswegen nicht untergehen musste. Schon verabschiedete er in seinem Innern das Dekret, das die Veränderungen beschrieb. Seine Haut wurde die Staatsgrenze, seine Nase das Stumpf-Gebirge, sein rechtes Auge der Liebesbrunnen, sein linkes Auge die Freundschaftsquelle.
         - Was grinst du??! - empörte sich der eine Krieger, mit der umgekehrten Hand schlug er zwischen das Stumpf-Gebirge und die Freundschaftsquelle.
         Er fing noch ein paar. Die Republik Masoko kullerte die Treppe hinunter.
         Er humpelte in Richtung der Stadt, der schäbige Kartonkoffer zog an seiner Hand. Aus dem Stumpf-Gebirge sickerte das Blut, die Freundschaftsquelle bedeckte eine lilarote Beule.
         Die Republik Masoko ist gestürzt -, dachte er. Was sollte aus ihm werden, ohne die Republik Masoko?
         Straßenbahnen zogen an ihm vorbei - gelbe Drachen, Autobusse - blaue Drachen, Menschen regenbogenfarben. Bei jeder Begegnung zog er sich zusammen. Er dachte, er sei preisgegeben. Er ließ die schludrigen Häuser der Vorstadt hinter sich, die grausamen Würfel der neuen Wohnsiedlung starrten ihn an, und da fühlte er, wie aus seinem tiefsten Innern ein Lächeln sich sickernd ausbreitete. Das Lächeln verbreitete sich in Wellen, ließ seine inneren Organe erprickeln, tastend erreichte es die Oberfläche seiner Haut. Seine Haut erstrahlte. Seine blutende Nase erglänzte und die lila Beule am Auge auch. Die scharfen Kanten der Häuser wurden stumpf, der gelbe Fleck der Straßenbahn wurde fröhlich. Er setzte den Kartonkoffer ab, er hätte schreien mögen. Jetzt erfuhr er, dass die Republik Masoko nicht gestorben war. Da ist sie in ihm, am tiefsten Ort. Zwar fallen seine nördliche, südliche, östliche und westliche Grenze zusammen, trotzdem passen gut das Versagenmuseum, die Erfolgsaustellung in sie hinein, sie hat auch ein Nordlicht wie auch einen blauen Christus.
         Die Republik Masoko ist von nun an für keinen Grenzverletzer zu erreichen.



© Ervin Lázár / Kristóf Szabó



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